Die Geschichte der Zürcher Singstudenten

Die ersten Vorläufer des "Studentengesangvereins Zürich" reichen bis ins Jahr 1818 zurück. Der "Studentengesangverein Zürich" (StGV) wurde zwar 1839 von Wilhelm Baumgartner gegründet, doch konsolidierte und etablierte sich der StGV erst Anfang 1849 richtig, weshalb der 22. Januar 1849 als unser Geburts- und Stiftungstag gilt. Auftritte und Konzerte wurden von Anbeginn gegeben, manchmal sogar vor 500 Zuhörern. Der StGV trat alsbald dem Eidgenössischen Sängerverein bei und konnte nun auch an allen Eidgenössischen Sängerfesten konkurrieren, u.a. mit Werken von Wilhelm Baumgartner/Gottfried Keller. Am „Dies academicus“ - dem Geburtstag der Universität Zürich -, an Sängerfahrten und an anderen regionalen und nationalen Konzerten wurde kräftig gesungen. Nach Wilhelm Baumgartner folgte Carl Attenhofer als Dirigent. Ab 1869 wird der StGV allmählich eine geschlossene Korporation und die Teilnahme Angehöriger anderer Verbindungen, die bis dahin den Hauptharst der Sänger ausmachten, verebbte. Etwas später wurde der Polytechnikergesangverein einverleibt. In diesen Jahrzehnten mauserte sich der StGV zu einer geachteten Verbindung mit Burschen und Füxen, Biercomment, Produktionen, Maifahrten - an welchen auch Gottfried Keller gerne teilnahm -, Weihnachtskommersen und vielem mehr, doch blieb die Sangesfreude Kern unserer Fidelität. Fast in jedem Semester mass sich der StGV mit zahlreichen Chören, sei es an Sängerfesten, "Kunstsängertagen" oder an gemeinsamen Auftritten. Viele Kompositionen waren von unseren Direktoren geschrieben (unser Dirigent ist „Direktor der Universität Zürich“) und manche Auszeichnung wurde ersungen. Mehrstimmige Werke von Mozart, Bach, Verdi, Wagner, von Weber, Lehar und vielen mehr waren genauso in unserem Repertoire, wie zeitgenössische Werke. Publikum und Presse waren uns wohlgesinnt. 1879 wurde zum ersten mal um Mitternacht auf dem Lindenhof der Mai eingesungen und dieser Brauch hat sich bis heute erhalten, wird er doch gar in den einschlägigen Veranstaltungskalendern aufgeführt (z.B. Züri Tip). Für die nächsten 70 Jahre war die „Bollerei“ an der Schifflände Stammhaus des StGV, wo sich auch ab den 1880er Jahren die "Alten Herren" regelmässig trafen. 1889 wurde der schlagende "Fechtclub" gegründet. Zeitweise waren fast alle Singstudenten im Fechtclub aktiv, gelegentlich war er sogar semesterweise suspendiert. Um die vorletzte Jahrhundertwende reorganisierte sich der StGV und dessen Alt-Herren-Verband, die Stellung als offizieller Chor der Universität wurde verbessert und der Status der Mitsänger (Sangesfreudige Nichtakademiker) gefestigt. Es gab Zeiten mit bis zu 50 Aktiven, dann folgten wieder Perioden mit kaum 20 Sängern, doch wurden regelmässig Konzerte gegeben und an Sängerfesten teilgenommen - stets mit Unterstützung von Alten Herren. Seit 1904 erscheinen die "Semesternachrichten". Nicht zuletzt der Erste Weltkrieg brachte dem StGV ein "Direktoren-Interregnum", aber auch das Verbindungsleben ruhte wegen dem Aktivdienst zeitweise fast vollständig. Nach dem Krieg wurde der StGV zwischen Reform und Tradition hin- und hergerissen, die Wellen glätten sich indessen rasch: 1919 waren wieder fast 40 aktive Sänger da. Als 1923 Hans Lavater Dirigent des StGV wurde, erstarkte die Verbindung: Das StGV-Programm umfasste zeitweise an einem Anlass nebst Soli und Duetten bis zu 15 mehrstimmige Chorlieder. 1926 folgte das erste eigene Liederbuch und seit 1930 trägt der StGV die Farben blau-weiss-blau, jedoch nur an offiziellen Auftritten. Die Zeit vor dem zweiten Weltkrieg war für die Singstudenten - wie man berichtete - „eine Periode gesunder Blüte“: Es wurde eifrig gesungen, seit 1934 sogar am ETH-Tag - aber auch im Fechtclub gefochten. Der Zweite Weltkrieg wirkte sich wieder einschneidend auf das Verbindungsleben aus, doch konnte der Semesterbetrieb einigermassen aufrecht erhalten werden: Maieinsingen, Maifahrt, Kommerse und vieles mehr war auf dem Programm, wie auch einige karitative Auftritte und erste Platten- und Radioaufnahmen. Im Dritten Reich ja waren bekanntlich alle Verbindungen verboten. In der Nachkriegszeit kehrte zwar rasch wieder die alte Ordnung in das Verbindungsleben zurück, so dass 1949 eine grandiose Jubiläumsfeier zelebriert werden konnte. Doch der StGV erkannte, dass sich die Zeiten gewandelt hatten; der Gesang blieb indessen immer Mittelpunkt des StGV. Viele Sängerfeste und Chorwettkämpfe, selbst ins benachbarte Ausland, Universitäts- und ETH-Jubiläen wechselten sich mit gemütlichen Anlässen und (feucht-) fröhlichen Kommersen ab. 1957/58 finanziert der StGV einem jungen Ungarn das Studium in Zürich. Und am Sechseläuten-Umzug offeriert der StGV, wie schon seit der Jahrhundertwende, an der Schifflände den durstigen Zünftern Bier. 1959 ward Ernst Hess Direktor des StGV (seit 1949 "Zürcher Singstudenten"). Zahlreiche Auftritte - auch am Radio - brachten wieder nicht wenige Auszeichnungen und eine gewisse Popularität. Im Jahre 1966 erwarben wir unser Verbindungshaus, die "Kantorei" am Neumarkt. Nebst Restaurant und Kneipe beherbergt die "Kantorei" im Dachstock eine Fünf-Zimmer-Studenten-WG. Die 1968er Unruhen brachten ebenso im StGV revolutionäre Stimmungen, und manches Traditionelle wurde über Bord geworfen. Allzu zu utopische Erneuerungspläne schliffen sich grösstenteils von selbst am gesunden und festen Gefüge der Verbindung ab. Dies zeigte sich am steten Zuwachs. 1968 übernahm Dr. Ladislaus Rybach das Direktorenszepter des StGV. Viele alte und neue Sängerkränze schmückten unsere Kneipe, viele Liederkonzerte und Wettgesänge zeugen vom steten sängerischen Engagement, und unzählige fröhliche Zusammenkünfte zeigen einen festen Verbindungsgeist. Auf die erste StGV-Schallplatte folgte bald schon die erste CD, bald eine zweite, dann eine dritte. ... Von 1989 bis 1996 war Lukas Reinitzer Dirigent des StGV, seit 1997 ist Martin Baur unser Herr Direktor. Während des Jahres 1999 feierte der StGV seinen 150. Geburtstag, u.a. mit einem auch in der Öffentlichkeit beachteten Jubiläumsgrosskonzert im Fraumünster. Der StGV zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass er in Bezug auf Politik und Religion seit jeher strengste Neutralität wahrt. Toleranz ist ein allgemein gültiges Gebot. Wir sind durchaus bescheiden, scheuen uns aber nicht festzustellen, dass wir der beste Chor beider Hochschulen sind, auch wenn für viele unserer Mitglieder Noten Bücher mit sieben Siegeln darstellen. Gegen absolute Abstinenzler hegen wir ein gewisses Misstrauen. Der mit einem Hauch von Antiquiertheit behaftete Bierstaat wird in Kauf genommen. In ihm werden in spielerischer Weise Macht, Kontakte, Ehrbezeugungen, Duelle und Strafen mittels Bier geübt, bzw. vollzogen. Er hilft Freude und Frust, was in jeder menschlichen Gesellschaft entsteht, zu geniessen resp. abzubauen. Wie sehr wir dem tierischen Ernst verbunden sind, mag unsere Devise aufzeigen. Während viele Verbindungen Vaterland, Mannhaftigkeit, Tapferkeit und andere Ideale wählten, bekennen wir Singstudenten uns zu dem Leitspruch: Mein Lebenslauf ist Lieb und Lust und lauter Liederklang ...